Im September 2011 schrieb ich über diese Tinte, meiner ersten roten von Diamine ...
Einführung:
Ich muß als Erstes gestehen, gar kein langjähriger Diamine-Experte zu sein. Die Diamine-Tinten sind eine meiner neueren Tinten. Zwar hatte ich schon einiges über die hochwertigen englischen
Tinten (seit 1864) gehört, aber von stärker gesättigten Tinten hatte ich in letzter Zeit genug. Zerlaufen der Tinte und hartnäckiges Haften auf der Feder hatte ich dort beobachtet. Und da ich
wenig rote Tinte benötige, nur ab und zu, und ein Tintenfaß längere Zeit hält, hatte ich wenig Bedarf. Viele Jahre hatte ich die Waterman rot, in letzter Zeit die famose Sheaffer red eingesetzt,
zweifellos typische „Lehrertinten“. Nun hatte ich eh vor, Diamine-Tinten zu bestellen, da fiel mir die Red Dragon auf. Ich wollte dieses dunkle Rot einmal ausprobieren.
Tintenfaß:
Die Red Dragon gibt es in Kunststofffläschchen zu 30 ml und im Glasflacon von 80 ml. Ich habe ein 30-ml-Fläschchen probiert, um mir ein Bild zu machen. Dieses kleine Gebinde ist für solche
Versuche eine feine Sache.
Preis, Verfügbarkeit und Sortiment:
Die 30-ml-Größe kostet in England um 2.65 Pfund, exklusiv in Deutschland bei einem bekannten Internet-Händler sind es 3.95 Euro. Nimmt man die 80-ml-Flasche, dann sind es in Deutschland 9.90
Euro, also 12.38 Euro pro 100 ml. Ein sehr fairer Preis. Zudem gibt es Standardtintenpatronen (Pelikan, Montblanc), aber nicht für diese Farbe. Die kleinen Tintenfläschchen sind bei der Füllung
eines Kolbenfüllers, man denke nur an einen Montblanc 149, eine fummelige Sache, aber man kann hier nicht zuviel verlangen. Die klassischen großen Glasflaschen stehen sehr sicher und die Füller
lassen sich gut füllen. Die Farbangabe ist lediglich auf die Verschlußkappe aufgeklebt. Geht die Tinte zur Neige, dann muß man das Glas entsprechend kippen, das geht schon in Ordnung. Eine
größere Öffnung mag ich aber lieber (siehe Parker Quink).
Tintenfluß:
Eine wasserlösliche Tinte mit starker Farbsättigung, die einen imposanten Farbstrich auch mit feinen Federn hinterläßt. Das hat natürlich bei solchen Tinten gerne zur Konsequenz, daß bei schon
etwas breiteren Federn die Tinte flächig wirkt ohne wesentliche Schattierung und mit einem vermehrten Verlaufen. Das ist bis zu einem geringen Grade beim „roten Drachen“ auch so. Zwar zerläuft
die Schrift auf geeignetem Papier nur gering, aber das kann der „Deal Braker“ sein, mehr noch schlägt die Tinte auf einem üblichen 80er-Papier oder einem Kalenderblatt recht deutlich durch
(Durchbluten). Der Hauptnachteil dieser Tinte! Erfreulicherweise läßt sich die Tinte von der Feder leicht abwischen. Der Tintenfluß ist mit verschiedenen Füllern ganz exzellent. Eine satte, aber
schattenarme Tinte. Das Trocknungsverhalten ist unterdurchschnittlich.
Tintenfarbe:
Eine außergewöhnliche rote Tinte. Sie hat keinen Farbstich, sie hat keine blauen oder orangefarbenen Einschläge, ihr fehlt auch ein brauner Touch. Mir gefällt die Farbe ganz außerordentlich gut.
Ein gediegenes dunkleres Rot, mit dem auch Korrespondenz bis zu einem gewissen Grade möglich ist. Sehr seriös, sehr stattlich. Sozusagen ein blutiges Rot. Als Arzt darf ich das wohl so
benennen.
Zusammenfassung:
Diamine-Tinten genießen, und das ganz zurecht, den Ruf hoher Farbsättigung bei insgesamt unproblematischem Verhalten. In der Farbkomposition ist diese Tinte etwas ganz besonderes, daneben hat
Diamine noch weitere rote Tinten mit unterschiedlichen Farbschlägen. Dennoch sticht der „rote Drache“ hervor, verzichtet er auf braune oder orangefarbene Nuancen. Ein reines, dunkles Rot. Dafür
kann man möglicherweise akzeptieren, daß die hohe Farbsättigung Nachteile mit sich bringt, die wenig bedeutsam, aber auch das entscheidende Negativkriterium sein können. Das Durchbluten auf die
Rückseite ist das eine, die leichte Federung das andere. Wen das nicht stört und mit einer dunklen seriösen Rottinte etwas anfangen kann, für den ist diese Tinte sicherlich ein großes
Erlebnis.
Schnellübersicht Diamine Red Dragon:
Preis: sehr angemessen, auch wegen der 30-ml-Probierfläschchen (knapp über 12 bis knapp über 13 Euro pro 100 ml)
Bezug: exklusiv in Deutschland über einen Internet-Fachhändler oder aus England
Gebinde: Flaschen zu 30 oder 80 ml, keine Patronen für diese Tinte
Tintentyp: stark gesättigt, wasserlöslich, besondere Farbe
Tintenfluß: sehr gut
Tintenfarbe: außergewöhnlich „rein“
Tintensättigung: sehr gut
Schattierung: sehr gering
Zerlaufen der Tinte („Feathering“): gering bis mäßig
Durchschlagen auf die Rückseite („Bleeding“): recht deutlich (Killer-Kriterium!)
Tintenkiller: ohne Wirkung
Tintenscan (Anlage):
Die Aufnahmen zeigen die Red Dragon gegen ein klassisches Rot. Die Sheaffer red ist eine der besten klassischen Lehrerrot. Der Tintenfluß ist exzellent, die Farbsättigung ist für eine solche
klassische Tinten sehr gut, die Schattierung sehr gering. Durchbluten und Zerlaufen sind nicht vorhanden. Die Sheaffer ist also keine Alternative zur Red Dragon, sondern dient der Abgrenzung zu
einem ganz anderen roten Tintentyp. Ähnlich ist die etwas hellere Waterman, die auch über einen hervorragenden Tintenfluß verfügt.
Die Diamine Red Dragon ist eine imposante rote Tinte mit außergewöhnlich harmonischer Farbbalance und sehr hoher Brillanz. Wer den richtigen Füller für sie findet, damit Nachteile der hohen
Farbsättigung nicht zum Tragen kommen, wird eine höchst attraktive, dunkelrote Tinte finden.
Die Red Dragon hat damals sehr beeindruckt. Ihre kräftige mittel- bis dunkelblaue Farbe kam bei mir sehr gut an. In dieser Farbausprägung schreibe ich heute eher mit der J. Herbin Rouge Opéra, insbesondere aufgrund des für rote Tinten sehr schönen Shadings. Momentan habe ich eine solche rote nur in einem F-Pelikan M400.
Das Durchdrücken und Fiedern ist nicht ganz gering auf den üblichen Papieren, das muß man berücksichtigen.
Auf jeden Fall eine sehr schöne Rote im sehr großen Diamine-Repertoire.
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