Tintenbetrachtung
Diamine Midnight
Einführung:
Anläßlich der Nürnberg Pen Show im Juni hatte ich Gelegenheit, zwei blaue Tintenfässer zu erstehen, darunter die Midnight. Diese Tinte ist seit 2009 im Handel.
Tintenfaß:
Die Midnight gibt es in Kunststofffläschchen zu 30 ml und im Glasflacon von 80 ml. Ich habe einen 80-ml-Flacon gekauft.
Preis, Verfügbarkeit und Sortiment:
Die 30-ml-Größe kostet in England um 2.65 Pfund, exklusiv in Deutschland bei einem bekannten Internet-Händler sind es 3.95 Euro. Nimmt man die 80-ml-Flasche, dann sind es in Deutschland 9.90 Euro, also 12.38 Euro pro 100 ml. Ein sehr fairer Preis. Zudem gibt es Standardtintenpatronen (Pelikan, Montblanc), aber nicht für diese Farbe. Das klassische konservative Diamine-Glas hat einen sehr sicheren Stand und erlaubt eine gute Füllung, geht die Tinte zur Neige, muß man aber das Glas beim Füllen hochkant stellen. Die Farbangabe ist lediglich auf die Verschlußkappe aufgeklebt.
Tintenfluß:
Eine wasserlösliche Tinte mit sehr starker Farbsättigung, die einen sehr guten Tintenfluß bei feinen und breiten Strichstärken aufweist. Eine sehr feine Feder bleibt im Strich fein. Keine relevante Fiederung, nur geringes Durchbluten. Beim Wassertest (kalter Wasserstrahl über eine Minute) fließt die Tinte gleich ab und es bleibt nur noch eine farbschwache Tintenspur. Die Tinte zeigt eine geringe Schattierung, bei bestimmten Schlifformen ist es auch mal etwas mehr. Etwas matschig wird die Tinte bei breiterem Strich, dann säuft sie schon ab. Abrubbeln kann man die Tinte nach deren Trocknen mit dem Finger nicht. Die Tinte zeigt keine Häßlichkeiten hochgesättigter TInten wie Kleben an der Feder oder Druchdrücken am Federschlitz.
Tintenfarbe:
Eine dunkelblaue Tinte mit sehr viel Tiefgang. Man tut sich schwer zu entdecken, ob da auch relevante Schwarz- oder Grünanteile sind. Vielleicht ein bißchen Schwarz, vielleich minimal Grün, jedenfalls kein Petroleinschlag. Meine Frau meinte, das sieht ein bißchen nach Jeans-Hose aus. Das trifft es ganz gut. Da muß sich jeder sein eigenes Bild machten. Freunde von reinem Blau könnte die Düsternheit und Trübheit der Tinte stören („Deal Braker“).
Zusammenfassung:
Diamine-Tinten genießen, und das ganz zurecht, den Ruf hoher Farbsättigung bei insgesamt unproblematischem Verhalten. Diese Tinte gehört im Fließverhalten, auch bei Diamine, sicherlich zur Spitzengruppe. Mein verwendeter Sailor 1911 Series liebt diese Tinte, die feine Feder scheint für diese Tinte gemacht, mit anderen Tinten kommt eine minimale Kratzigkeit, mit der Midnight fließt die Tinte nur so dahin.
Dunkle Seriosität oder Düsternheit, das muß jeder für sich selber sehen. Die Tinte läßt beide Beurteilungen zu. Erfreulich ist die gute Wasserlöslichkeit für einen unkomplizierten Betrieb. Für Freunde dokumentenechter oder wasserfester Tinten ist diese Tinte nicht geeignet. Der Preis ist sehr fair, die beiden Faßgrößen sind eine praktische Sache. Unter den dunkelblauen hochgesättigten Tinten eine der überlegenswerten Tinten. Das könnte bei größerer Erfahrung mit dieser Tinte eine blaue Top-Ten-Tinte für mich werden.
Schnellübersicht Diamine Midnight:
Preis: sehr angemessen, auch wegen der 30-ml-Probierfläschchen (knapp über 12 bis knapp über 13 Euro pro 100 ml)
Bezug: exklusiv in Deutschland über einen Internet-Fachhändler oder aus England
Gebinde: Flaschen zu 30 oder 80 ml, keine Patronen für diese Tinte
Tintentyp: stark gesättigt, wasserlöslich
Tintenfluß: sehr gut
Trocknen der Tinte: durchschnittlich gut
Tintenfarbe: sehr dunkles Blau, Schwarzanteile (Killer-Kriterium!)
Tintensättigung: sehr gut
Schattierung: gering
Zerlaufen der Tinte („Feathering“): gering
Durchschlagen auf die Rückseite („Bleeding“): gering
Tintenkiller: ohne Wirkung
Wassertest: sofortiges Abperlen de Tinte; schwache Resttintenspur
Rubbeltest: bestanden
Lichttest: gegen PD Midnight Blues und Sheaffer Blue Black ist angelegt
Tintenscan (3 Anlagen; dieses Mal mit 1024 Pixel):
Dieses Mal, so glaube ich, habe ich die Farben recht gut getroffen. Ich habe eine klassische Blauschwarz dagegengestellt. Die Sheaffer blue black als Vertreter einer anderen Farbausrichtung. Sie hat dominante Grau- und keine wesentlichen Blauanteile. In der Farbsättigung vertritt sie auch die andere Richtung, weniger Sättigung, weniger Tintenfluß, mehr Schattierung. Eine Tinte, die aber einen sehr kräftigen Tintenfluß und eine eher breite Feder mag. Ich nehme sie für feine Eintauch-Federhalter, da bewährt sie sich besser.
Abweichend von meiner eigentlichen Vorgabe, nur eine Vergleichstinte anzuführen, wird bei der Diamine Midnight natürlich sofort nach der Private Reserve Midnight Blues gefragt. Diese Tinte war ja zuerst da und die Diamine erinnert sehr stark an sie.
Man kann da viel darüber diskutieren, wo da die Farbunterschiede sind. In der Praxis ist die Farbe ähnlich. Als ich die PR regelhaft eingesetzt hatte, kam sie mir etwas blauer und brillanter vor. Im Dauereinsatz hatte sie aber Nachteile: langsameres Trocknen, Neigung zum stärkeren Zerfließen und somit breiterer Strich, Kleben der Tinte auf der Feder und Durchdrücken am Federschlitz. Das konnte ich bei der Diamine Mignight bisher so nicht beobachten. Der Diamine sagt man ein etwas ausgeprägtere Schattierung nach. Das ist meiner Ansicht nach nicht so eindeutig. Auch entgegen der Gewohnheit noch ein drittes Blatt von einem Abreißblock, auf dem die Diamine mit breitem und feinem Strich (beachte die unterschiedlichen Schattierungen) gezeigt wird, dazu ein Recycling-Papier mit der breiten Feder und der Wassertest. Oben die J. Herbin Éclat des Saphir als Gegenpol.
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Siegfried (Freitag, 16 Februar 2024 19:05)
Ich verwende die Tinte z.Z. nur in einem Pelikan 140 mit M-(Tannenbaum-) Feder (alt). Thomas, ich schließe mich deiner Beurteilung an, möchte nur ergänzen, dass der besagte Füller nach kurzer Schreibpause, um z.B. Gedanken zu ordnen, deutliche Anschreibprobleme zeigt, wenn ich die Kappe nicht aufgesetzt habe. Das geschieht bei meinen anderen blauen Tinten nicht. Wenn ich kontinuierlich schreibe, ist alles ok. Für mich ist die Diamine Midnight eine erstklassige Tinte. Das 80ml Tintenfass empfinde ich mit der kleinen Öffnung als unpraktisch! Immerhin ist es noch aus Glas.
Pens and Freaks (Freitag, 16 Februar 2024 20:15)
Hallo Siegfried, vielen Dank für die Nachricht. Der Bericht stammt von ca. 2011. Hier ist er wohl schon seit der Anfangszeit.
Meine Einschätzung ist heute ganz anders. Diese hochgesättigten Tinten laufen mir zu breit.
Ich bevorzuge heute Normal gesättigte Tinte bei den Blauen. Der Goldstandard Waterman Serenity Blue. In MB auch Royal Blue und Midnight Blue. Die moderne Parker Blue Black hat auch eine schöne Farbe.
Das geht jetzt aber über den Rahmen hinaus.
Am ehesten noch die Graf v. Faber-Castell.
Bei den Roten sind viele Diamine durchaus interessant. Und modernere sind nicht so übersättigt.
Und: Die normal gesättigten Tinten lassen sich leichter reinigen.
Viele Grüße Thomas
Siegfried (Sonntag, 18 Februar 2024 17:15)
Hallo Thomas,
vielen Dank für die Rückmeldung. Ich war unterwegs und kann erst jetzt antworten. Ein Datum hatte ich im Bericht gesucht, aber nicht gefunden. Unabhängig vom Alter des Textes kann ich die Tintenbetrachtung gut nachvollziehen. Die Diamine Midnight setze ich in dem genannten Füller überaus gerne ein, weil es mir in dieser Kombination bisher problemlos gelungen ist, die Grußkartenpapiere zu beschreiben, die mir meine Frau vorgelegt hat.
Auch viele andere Papiere, Kopierpapier unterschiedlicher Qualitäten, Schülerblockpapier (80 und 90 g/qm), Büttenpapier, Umweltpapier, ließ sich problemlos beschreiben. Mit anderen Kombinationen ist mir das nicht immer gelungen.
Teures Büttenpapier mit einem Pelikan 400 (OB) und Lamy-Tinte königsblau stellt schon eine gewisse Herausforderung dar. Ein paar Zeilen sind in der Regel kein Problem, aber zwei DIN-A4 Seiten am Stück schon. Nach ca. einer halben Seite treten zunehmend Trockenzonen auf, und es werden Zwangspausen notwendig. Da verliert man die Lust am Schreiben. Gereinigt ist der Füller. Mit Pelikan 4001 königsblau schreibt er seitenweise trockenzonenfrei. Auch bei Verwendung eines anderen Füllers traten die Probleme auf.
Bei Schülerblockpapier kann es passieren, dass sich die Vorderseite einwandfrei beschreiben lässt, die Rückseite hingegen nicht. Unter der Lupe unterschieden sich sich Vorder- und Rückseite des verwendeten Papieres in der Faserstruktur. Das war für mich schon interessant zu sehen, zumal man erwarten könnte, dass Schülerinnen und Schüler beide Seiten auch mit Füller beschreiben wollen. Mit Papieren habe ich mich noch nicht eingehend befasst. Ich schreibe meine Entwürfe bzw. Konzepte mit Füller, weil ich dann kreativer bin.
Aus Kostengründen kommen teure Füllfederhalter, Papiere und Tinten deshalb für mich nicht infrage. Aber ich experimentiere gern mit dem, was ich habe.
Auch die Diamine "Jet Black" scheint überall zu schreiben. Ich verwende sie in einem Global Juwel Füller mit Degussa 585 Feder, z.B. für Unterschriften und Kondolenzkorrespondenz.
Über MB Royal Blue werde ich mich gelegentlich an der passenden Stelle äußern. Waterman und Faber Castell habe ich noch nicht erworben, Parker Blue Black steht noch unangerührt im Kühlschrank. Auch Octopus königsblau und M&M blau warten bei mir auf Erprobung.
Schön ist es, dass man sich hier auf deiner Seite über die Probleme kompetent austauschen kann.
Viele Grüße Siegfried
Pens and Freaks (Sonntag, 18 Februar 2024 23:12)
Danke, Siegfried. Dafür gibt es soo viele Tinten. Manchmal paßt genau diese! für einen bestimmten Zweck und in Verbindung mit einem bestimmten Halter.
Bei Farben wie rot und grün spielt die Farbschattierung auch eine Hauptrolle.
Viele Grüße
Thomas