Tintenbetrachtung

Aurora blau

 


Vorbemerkung:
Dies ist meine erste ausführliche Tintenbeurteilung. Das eigentliche Problem bei der Besprechung ist die Echtheit der Farbdarstellung im Scan. Bei dieser Beurteilung habe ich ein Standard-Papier genommen, das nicht negativ – bspw. durch Zerlaufen der Tinte – auffällt und einen geschmeidigen Tintenfluß erlaubt. Möglicherweise werde ich im Verlauf ein hochwertiges Standardpapier ausprobieren und einsetzen. Auch wenn man sich die größte Mühe gibt, kann ein Scan und auch die Beurteilung der Tinte eine eigene Einschätzung nicht ersetzen. Und da das Ganze subjektiv ist, kann es nur das Ziel sein, einerseits zu unterhalten und zu informieren, andererseits aber auch für den Interessenten die Spreu vom Weizen zu trennen, um Fehlkäufe zu vermeiden.

Für die meisten Anwendungen und Anwender gibt es recht pragmatische Gründe für den Einsatz einer Tinte. Die Grundfarbe, Verfügbarkeit einer Tinte, der Verbleib beim Schreibgerätehersteller (also Pelikan-Tinte in einem Pelikan, etc.), Einsatz eines Tintenkillers (Schule) sind für viele die wesentlichen Kriterien. Spezielle Anforderungen erfordern spezielle Tinten, so wie bei Dokumentenechtheit, etc. Auch kann Durchbluten den Einsatz einer hochsättigenden Tinte in einem Kalender oder Notizbuch unmöglich machen. Bei roten und grünen Tinten ist der Bedarf an unterschiedlichen Farben am größten, nicht jeder mag ein Grasgrün oder Lehrerrot.

Wer sich schon einmal Tintenkritiken in anderen Foren wie FPN angesehen hat, wird teils von ewig langen Kriterien nahezu erschlagen. Das wollte ich vermeiden. Viele Kriterien sind in der Praxis nicht so streng anzuwenden, da die Abhängigkeit von der Feder (Modell, Breite, etc.) und auch vom Papier das Ergebnis stark beeinflussen kann. Es gibt auch Tinten, wir werden das im Verlauf noch sehen, die nur unter bestimmten Bedingungen ihre Klasse entfalten können. Unter anderen Voraussetzungen ist Enttäuschung vorprogrammiert.

Ein solcher Beitrag soll also hoffentlich unterhalten, informativ sein und vielleicht auch einen Anreiz schaffen, eine Tinte neu oder wieder einmal einzusetzen.

Einführung:
Die Aurora blau kenne ich schon viele Jahre. Ich benutze sie seit ca. 7-8 Jahren, nachdem ich vorher gerne mit Waterman floridablau geschrieben und eigentlich wenig Interesse an neuen Tinten hatte. Dann bekam ich einen Aurora Talentum geschenkt. Die mitgelieferte Tinte in Patronenform hat mir dann sehr zugesagt. Ein recht dunkles Blau.

Tintenfaß:
Das Tintenfaß sieht nett aus, zwischenzeitlich hat man gottlob den auch noch hartnäckig haftenden Aufkleber geändert, so daß man den Tintenstand ablesen kann. Das Faß ist nicht sehr praktisch, man holt sich durch die enge Öffnung gerne blaue Finger. Das machen fast alle Anbieter besser. Aber recht standfest ist das Faß wenigstens.

Preis, Verfügbarkeit und Sortiment:
Die Tinte ist in Deutschland ziemlich teuer. Zudem hat man 10 % weggeknapst. 45 ml kosten 9.90-9.95 Euro (100 ml kosten ca. 22 Euro). Eine ganze Menge. Selbst manche Läden, die Aurora-Schreibgeräte führen, haben keine Aurora-Fässer. Über bekannte Internet-Händler ist sie einfach zu beziehen. Daneben gibt es nur noch Aurora schwarz. Ein ungewöhnlich kleines Sortiment. Daneben auch Päckchen zu je 5 Großraumpatronen (Parker-kompatibel) für 3,30-3,50 Euro. Die Patronen sind nicht Gegenstand der Beurteilung, es kann also durchaus Unterschiede in Farbe und Farbsättigung geben z. B. durch Verdunstung des Patroneninhalts.

Tintenfluß:
Es ist eine wasserlösliche Tinte. Das ist eine gute Sache, vereinfacht es die Handhabung auf Dauer ungemein. Ich habe in keinem Füller jemals Probleme mit verstopften Tintenleitern oder Durchschlagen der Tinten am Federschlitz o. ä. gesehen. Das ist schon was. Nach dem Füllen kann man die Tinte leicht von der Feder wischen, sie klebt nicht. Das ist so ein Punkt, den ich bei hochgesättigten Tinten hasse. Die Tinte auf dem Papier wird von Wasser geradezu weggespült, da bleibt nur noch ein Schatten. Der Tintenfluß bei der recht pigmentstarken Tinte ist gut bis sehr gut. Sie läuft sehr flüssig und ist nicht Füllhalter-empfindlich. Die Schattierung ist gut, nicht so ausgeprägt, wie bei weniger pigmentierten Tinten, aber wesentlich stärker als bei stark pigmentierten. Ich würde sie von der Grundstruktur her zu den Standardtinten wie Pelikan 4001, Montblanc, Waterman, Parker, Lamy etc. rechnen, auch wenn sie in Deutschland exklusiver ist. Manche stark pigmentierten Tinten laufen ziemlich aus, das tut die Aurora nicht. Damit bleibt ein feiner Strich auch fein. Das ist auf den mir geläufigen Papieren so. Vermehrtes Durchschlagen bei unterschiedlichen Papieren habe ich nicht gesehen, ich setze aber auch keine Notizbücher etc. ein, sondern nur einen Brunnen-Jahreskalender. Verhalten bei Licht spielt bei mir keine Rolle, ich habe es nicht geprüft. Das Trocknungsverhalten ist durchschnittlich, so wie bei vergleichbaren Alternativen.

Tintenfarbe:
Ein recht dunkles Blau, aber kein Blauschwarz. Recht intensiv mit geringer Schattierung, aber recht lebendig, ein Mittel- bis Dunkelblau mit leichtem Violettstich, kein grüner oder roter Farbstich. Für mich ist diese dezente Kühle eher angenehm, aber es ist u. U. der „Deal Braker“. Wem diese Tinte nicht gefällt, den stört meist genau dieser Farbaspekt. Schön ist, daß die Tinte von einem sehr guten Tintenleiter profitiert, dann wird z. B. bei einem sehr feinen alten Montblanc aus dem Mittelblau ein gesättigtes lebendiges Dunkelblau ohne leblose Schwarzanteile, der Violettaspekt tritt dann nach meiner Sichtweise zurück.

Zusammenfassung:
Unter den wasserlöslichen und unkomplizierten blauen Tinten eine der dunkelsten mit leichtem Violettstich. Überzeugend ist der gute Tintenfluß, das gutmütige Verhalten in allen mir bekannten Füllhaltern und für eine solche Tinte die gute Sättigung. Die Tinte ist auch nicht papierempfindlich. Der Preis ist recht hoch, die Tinte ist in Deutschland wenig verfügbar, das Tintenfaß ist nicht sehr praktisch. Für mich eine der „Top Ten“-Tinten bei den Blauen.

Schnellübersicht Aurora blau:
Preis: doch schon recht teuer; knapp 10 Euro für 45 ml
Bezug: i. d. R. über Internet-Fachhandel
Gebinde: Faß zu 45 ml oder Großraum-Tintenpatronen nach Parker-Typ
Tintentyp: wasserlöslich
Tintenfluß: gut bis sehr gut; unkompliziert in allen Füllhalter einsetzbar
Tintenfarbe: mittel- bis dunkelblau mit leichter Violett-Komponente
Tintensättigung: für eine klassische wasserlösliche Tinte recht hoch
Schattierung: recht gut
Zerlaufen der Tinte („Feathering“): nicht vorhanden
Durchschlagen auf die Rückseite („Bleeding“): nicht vorhanden
Tintenkiller: kein Auslöschen; also Tintenkiller nicht einsetzbar

Tintenscan und Makro (Anlagen):
Ich hatte die Gelegenheit, die Aurora mit verschiedenen Füllhaltern darzustellen. Bevorzugt habe ich übliche Korrespondenzfedern, bei denen die Tinte sicherlich mehrheitlich eingesetzt wird. Zudem habe ich mit einer breiten Bandzugfeder geschrieben und mit einem Ohrstäbchen die Tinte flächig aufgetragen. Als Vergleichstinte diente die aktuelle Montblanc Royal Blue, die in diesem Vergleich durch den Einsatz in einem Weltklassefüller wie dem Waterman Edson sehr gut abschneidet, bei anderen Haltern fallen Sättigungsgrad und Farbbrillanz eher ab.

Bei der Farbdarstellung des Scans sind bei meinem Epson-Scanner-Tintenstrahler-Kombigerät sicherlich gewisse Einschränkungen nicht zu vermeiden, unterschiedliche Monitoreinstellungen ebenso. Die Farbe kommt aber der Natur recht nahe, ist aber etwas mittelblauer und knalliger als im Original. Ergänzend habe ich eine Makroaufnahme als 2. Anlage beigelegt, die die Tintenfarben und die Schattierungen auf meinem Monitor gut trifft. Man sieht recht gut die unterschiedliche Leuchtkraft und Schattierung der Tinten. Ich werde mich mit diesem Thema und dessen Optimierung weiter beschäftigen.

Ich hoffe, dieser erste Beitrag hat Euch gefallen. Ich freue mich auf Kommentare und auf viele weitere Tintenbesprechungen.

Viele Grüße
Thomas

 

Gästebuch

Kommentare: 3
  • #3

    Thomas von pens-and-freaks.de (Donnerstag, 05 Juli 2012 12:12)

    Hallo Michael, vielen Dank für den Kommentar. Ich finde auch, die Aurora Blau ist eine der rundum guten Blautinten mit normalem Sättigungsgrad. Die wasserlösliche Tinte macht keinen Ärger. Preisgünstig ist sie nicht und das Faß ist eine Katastrophe. Sie ist aber dunkler als die anderen (königsblauen) Blautinten und hat keine direkte Konkurrenz mehr, seit die OMAS blau einen anderen Farbton bekommen hat. Gut gemacht, Aurora.
    Thomas

  • #2

    Michael (Donnerstag, 05 Juli 2012 08:23)

    Hallo Thomas, ich habe mir nun diese Farbe von einem bekannten Internethändler bestellt. Ein wirklich schöner Blauton der aus der Feder herauskommt. Habe Sie in zwei unterschiedlichen Haltern drin und muss sagen / schreiben, das diese ohne Aussetzer oder Anschreibprobleme über das Papier "tanzen". Nur die Form der Flasche könnte besser sein. Ich muss sagen, dass diese Farbe mir sehr gefällt.

    Michael

  • #1

    Thomas von pens-and-freaks.de (Sonntag, 24 Juni 2012 19:00)

    Ich finde, immer noch eine der besten Blautinten! Die Aurora blau hat alles das, was man sich von einer unkomplizierten Mittelblautinte vorstellen kann. Vor allem, sie matscht nicht, sie läuft bis zum Schluß nicht übersättigt, sie zeigt eine Füllhalter-Schrift durch diskretes Shading. Auch wenn man sie nicht geade an jede Ecke bekommt, ganz im Gegenteil und auch preislich recht hoch angesetzt ist, sie ist es Wert. Voraussetzung (wie immer): Man mag die Farbe.