LAMY Accent

Der mit den auswechselbaren Griffstücken

Ist er ein Arbeitspferd?

Der Accent kam ca. 1998 auf den Markt. Vor über 10 Jahren habe ich ihn hier einmal vorgestellt einschließlich der frustrierenden Probleme mit der Austrocknung der Tinte. 

 

In diesem Jahr wollte ich mir ansehen, was aus diesem damals doch recht selbstbewußt vorgestellten Entwurf geworden ist. 

 

Ich fand 1998 die Idee sehr treffend, im Handling den Accent sehr gut. Ich bin durchaus für Schraubkappen, wenn sie praktisch sind. Das ist hier der Fall. Das Gewinde hat einen geringen Gang. Auf Veranstaltungen kann man, selbst erprobt, mit dem Accent sehr gut arbeiten. 

 

Heute gibt es nach wie vor die merkwürdige schwarze Ausführung mit 14K-Goldfeder. Darauf möchte ich nicht eingehen. Die robuste Palladium-Variante wurde durch die "reine" Aluminium-Ausführung ersetzt. Das gefällt mir besser. Der Halter ist derzeit 8/24 für unter 50 EUR zu bekommen. Montiert ist eine "silberne" Stahlfeder Modell Z50 (888) aus verchromtem Edelstahl. Nach der Tesafilm-Methode ist die Feder leicht austauschbar, sie läßt sich damit vom Tintenleiter ziehen. EF, F. M und B, zudem Varianten mit Stub 1,1 und 1,5 mm sind verfügbar, zudem kann man auch eine 14K-Golfdfeder montieren. Die "schwarzen" Varianten in Stahl und Gold sind genauso möglich wie die schwerze Stahlfeder der Serie LX. Schlußendlich gehen auch die Z-53-Stahlfedern für die Sion-Modelle. 


Auch nach dem Verkauf an Mitsubishi Pencils in Japan wird sich mutmaßlich am persönlichen, sehr guten und schnellen Service nichts geändert haben. Das kann mitunter wichtig sein bei einem Gebrauchsgegenstand. 

 

Wo sind nun die Eigenschaften, die dazu dienen können, den Accent als Daily Carry Pen oder Workhorse oder Arbeitspferd oder business-tauglich zu bezeichnen?


Was sind Voraussetzungen, daß man einen Füllhalter als Business-Pen bezeichnen kann?

Er muß auslaufsicher sein, die Kappe muß rasche Austrocknung verhindern, sie muß sicher und dauerhaft funktionieren, Aussehen und Attraktivität (damit kann ich mich sehen lassen) können hinzukommen und er muß schreibtechnisch gut sein. Also: gut schreiben, variabel in der Federauswahl sein und für eine große Interessentenzahl gut in der Hand liegen. Über einen funktionierenden Service hatten wir schon gesprochen. Wollen wir uns die Punkte ansehen. 


Er ist ohne Zweifel zeitlos, unverändert eher modern und man kann sich mit ihm sehen lassen. Ehrlicherweise konkurriert er hier bei Lamy mit dem an sich einfachen cp1 und dem "Übervater" 2000. Über den 2000 wollen wir uns hier und heute nicht auslassen. Aber der cp1 ist ohne Frage völlig klassenlos und kaum einzuschätzen. Seine geringen Dimensionen sind allenfalls geeignet, ihn "nicht Ernst zu nehmen", was ein Fehler ist. Bigger ist nicht unbedingt better. 

 

Die kleine Kappe ist geräuschlos mit einer 2/3-Umdrehung aufgedreht. Der einfache Kunststoff in Kappe und Griffstück wurden in den Anfangszeiten heftig kritisiert. Kunden schraubten auch zu fest zu und überdrehten das Gewinde Mit Gefühl und ohne Probleme kann man die Kappe wieder zuschrauben. Bei meinem alten Exemplar hat ich mit dem Gewinde keine Probleme. Bei den neuen Modellen wackelt die Kappe leicht in der Rotationsachse bei beiden Exemplaren, die ich habe. Das spielt keine Rolle. Nach dem Festschrauben kann man durch Spiel in der Kappe diese noch minimal weiterdrehen. Die Kappe kippelt aber nicht in der Vertikalen. Vielleicht hat man das aber auch gemacht, um ein Überdrehen unwahrscheinlicher zu machen. Bei meinem alten Exemplar war das jedenfalls nicht so. 

 

Die Kappenabdichtung ist nun kein Problem, ob es nur bei meinem ersten Exemplar der unglaubliche Zufall war. Ich weiß es nicht und Lamy wußte es auch nicht. Aber das ist Geschichte. 

 

Der Hochglanz-Metall-Clip ist fremdgefedert und prinzipiell unzerstörbar, in der Vertikalen kaum wackelig. Aber natürlich obermäßig kratzempfindlich. Der recht lange Halter arretiert damit aber nicht immer sicher. Ein kritischer Punkt! Der Accent fällt leicht irgendwo heraus. Das hat man nie geändert. 


Der sauber arretierte eingesetzte Griffring ist 3,5 cm lang, der ganze Halter stattliche 14,2 cm, offen sind es 12,3 cm. Mit fest aufgesetzter Kappe sind es dann stattliche 16,2 cm. Zwei kleine Kunststoff-Nippel arretieren sozusagen Kunststoff in Kunststoff die Kappe über dem Kunststoff-Inlay der Kappe. Da kratzt nichts am Corpus-Ende. Das Griffstück ist 12 mm dick und macht den Griff knubbelig und für mich wirkt der Halter zusammengenommen recht kurz ohne Kappe. Mit aufgesetzter Kappe, ich mache das normalerweise nicht, ist er übermäßig lang. 28 bzw. 18 g wiegt er mit und ohne Kappe. 


Wie alle Lamy mit Ausnahme des 2000 ist der Accent auch ein Patronen-Konverter-Füllhalter. Eine blaue Patrone wird mitgeliefert, ein Konverter Z27 (der schwarze) mit üblicher Kapazität von ca. 0,7 mL muß getrennt gekauft werden für um die 7 EUR. Bekanntermaßen ist die Qualität nicht besonders gut, es gerät Tinte leicht hinter den Kolben und man kann ihn nicht zerlegen wie es z. B. bei Platinum möglich ist. Auch wenn das nicht mehr so üblich ist: Meiner Meinung nach sollte der Konverter dabei sein. 


Und wie schreibt er nun? Standardmäßig wird er mit einer verchromten Z-50-Feder geliefert Diese kennt man z. B. auch aus dem Safari/Vista/AL-star/LX. Ich kenne aktuell die Federstärken EF, F und M, die B nicht. Bei den feineren Federn gibt es recht große Unterschiede in der Federstärke, während der Tintenfluß eigentlich immer gut ist mit wenig Variationen. Die feineren Federn können auch kratzen. Alle Lamy-Federn haben out of the box leichte blaue Tintenreste, weil alle Federn im Werk getestet werden. Die Federn werden von Lamy selber produziert. 

 

Die schwarzen Federn schreiben ein bißchen anders. Sie sind meist auch breiter. Man kann es nicht so einfach beschreiben. Sie wirken glatter, manchmal auch ein bißchen raspeliger, aber nicht kratzig. Für wenig Geld kann man das ja ausprobieren Die schwarzen LX-Federn sind vergleichbar, erscheinen mir aber bei mehreren Exemplaren konsistenter in Federbreite und sind nicht kratzig. Für ca. 80 EUR kann man die teilplatinierten oder schwarz beschichteten (Lack? Schwarzchrom?) 14K-Goldfedern getrennt ordern oder ein entsprechendes Accent-Exemplar mit dem schwarzen Lack-Finish nehmen. Diese Federn sind bei den feinen Federstärken breiter und haben einen kräftigeren Tintenfluß, wohl durch den sicherlich besser ausgearbeiteten Federschlitz. 

 

Bei manchen Exemplaren macht die etwas trockene und recht helle Lamy blau keine Freude, Der Tintenfluß ist nicht gut genug und nicht konsistent in der fortgesetzten Benutzung. Ich kenne das z. B. bei M-Federn bei einem Unterschriften-Marathon Prinzipiell ist das Feder-Aggregat z. B. mit Safari und Studio identisch. Ich selber habe sehr gute Erfahrungen bei Mittelblau-Tinten, die ich gerne verwende, gemacht mit der Montblanc Royal Blue. Interessanterweise war der Fluß. besser als bei der Quasi-Standardtinte Waterman Serenity Blue. Das kann naturgemäß von Feder zu Feder und bei unterschiedlichen Federbreiten differieren.  


Zusammenfassende Beurteilung:

Beim Lamy Accent bekommt man ein Kind der 90er Jahre mit der damals interessanten Idee der auswechselbaren Griffstücke, die heute in Kautschuk, Achat-Holz, Kunststoff dunkelrot, blau oder grün, bei einem anderen Modell in Buryere-Holz und Aluminium angeboten werden und mit um die 10 EUR preislich akzeptabel sind. Das hier gezeigte Modell Accent 096 hat die bestens bekannten Edelstahlfedern, die mannigfaltig getauscht und kombiniert werden können. Auch 14K-Goldfedern sind einfach zu montieren.

Bis auf den wenig greifenden Clip und der stattlichen Länge mit der Gefahr des Herausfallen aus einer Hemdtasche z. B. ist mir nichts aufgefallen, was gegen den Accent spricht.

Über Geschmack und Handling läßt sich nicht streiten, die ungewöhnliche Erscheinung in im Gesamten hochwertigen Gewand ist aber eine Überlegung wert als täglicher Begleiter. 

 

Ich hoffe, der Beitrag hat euch gefallen und ich lade euch zu Kommentaren ein. Vielleicht benutzt ein Leser den Accent bereits seit Jahrzehnten, Auf diese Einschätzung wäre ich sehr gespannt.

 

Es folgen noch einige Fotos.


LAMY Accent 096 mit Achat-Holz-Griffstück und Z50-Federn Edelstahl verchromt, Federstärke EF
LAMY Accent 096 mit Achat-Holz-Griffstück und Z50-Federn Edelstahl verchromt, Federstärke EF
Fremdgefederter Clip
Fremdgefederter Clip

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Kommentare: 5
  • #1

    Uwe (Dienstag, 13 August 2024 13:36)

    Hallo Thomas,

    vielen Dank für den sehr ausführlichen Bericht über den schönen Lamy Accent, einem der wenigen wirklich innovativen Entwürfen von Lamy. Dankenswerterweise gibt es den Accent immer noch. So viele Modelle hat Lamy in der letzten Zeit "eingestampft", darunter sehr schöne.

    Ja, man mag den Accent oder man mag ihn nicht; Design und Anwendung sind ein wenig eigenwillig und für manchen vielleicht gewöhnungsbedürftig. Ich mag ihn und so war der Accent einige Jahre lang mein tägliches Arbeitspferd. Ich kann allen von dir genannten Punkten zustimmen! Der Accent ist als täglicher Begleiter absolut zuverlässig. Ich habe meinem eine Goldfeder (EF) gegönnt, damit schreibt es sich hervorragend!

    Die schwarzen Kunststoffteile sind allerdings tatsächlich der Schwachpunkt des Füllers. Zwar habe ich das Gewinde nicht "überdreht", aber nach Jahren leiert der billige Kunststoff aus. Dann schraubt sich die Kappe zu leicht auf und wird ohne Etui unsicher. Auch die Feder sitzt irgendwann nicht mehr fest, wird wackelig und sitzt dann schief auf dem Tintenleiter (aber das ist nicht nur beim Accent so!). Das Gute: für wenige Euro kann man beim Lamy-Kundendienst das Kunststoff-Griffteil samt Tintenleiter nachbestellen. Auch für den cp1 habe ich schon mal das Griffteil nachbestellt, kein Problem! Das ist ein guter Service!

    Warum benutze ich den Accent nun nicht mehr regelmäßig? Tatsächlich sind es die völlig mangelhaften Konverter. Die vor Jahren eingeführten Konverter Z27 und Z28 taugen überhaupt nicht (die alten Z24 und Z26 waren etwas besser). Neben dem von dir beschriebenem Mangel sitzt der vordere Anschluss (auch bei nagelneuen Konvertern) oft nicht richtig auf dem Tintenleiter, was bei mir schon für so manche Sauerei gesorgt hat. Ich bin deshalb dazu übergegangen, geleerte Lamy-Patronen wieder zu befüllen (die original Lamy-Tinte mag ich nicht). Aber auf die Dauer ist mir das einfach zu umständlich! Sehr schade, dass Lamy hier nichts besseres anbietet. Ich habe den Kundendienst wegen der mangelhaften Konverter schon mal angeschrieben (und weiß, dass auch andere das schon gemacht haben), habe aber keine Antwort erhalten. So what ... es gibt andere schöne Füller!

    Viele Grüße
    Uwe

  • #2

    Mark (Montag, 02 September 2024 23:27)

    Hallo Uwe,

    eventuell könnte ein Parker Konverter Abhilfe schaffen, gerade im Accent sitzen die meistens recht gut und fest.

    Ansonsten auch von mir herzlichen Dank für den Beitrag. Mein Fall war der Accent nie wirklich, aber ein interessanter und solider Stift ist es allemal. Als Arbeitspferd habe ich meist auf eher konservative Modelle zurückgegriffen (früher gerne Waterman), aber ich denke, der Accent kann zumindest in den etwas edleren Ausführungen auch in nahezu jedem Berufsumfeld zum Einsatz kommen.

  • #3

    Pens and Freaks (Dienstag, 10 September 2024 22:55)

    Danke, Mark, für diese Idee

  • #4

    Pens and Freaks (Dienstag, 10 September 2024 23:06)

    Danke, Uwe, für Deinen ausführlichen Kommentar aus großer Erfahrung mit dem Accent. Ich bin gespannt, wie sich der neue Accent, der bei mir nicht mehr austrocknet, auf Dauer hält.

    Das große Plus ist bei Lamy der Service. Nachteilig sind die Bastelarbeiten, die Lamys gerne haben. Das geht nun über den Kommentar hinaus.

    Jeder, der gerne mit Lamy schreibt, kennt das (fast) von allen Modellen, seien sie auch Jahrzehnte im Programm.

    Der Accent scheint derzeit der letzte Nicht-Langweiler von Lamy zu sein vor den Studio, imporium oder auch dem schlechten Aion. Der dialog 2 ist sogar technisch in vielfacher Hinsicht problematisch.

    Auch Beschichtungen z. B. beim AL-star oder die schlechten Großraum-KS-Minen, die primitive Mechanik der tri-pen usw.

    Irgendwie fühle ich mich an ein bestimmtes Möbelhaus erinnert, genial, primitiv und am Ende doch mit nützlichen Produkten.

    Viele Grüße Thomas

  • #5

    Uwe (Mittwoch, 11 September 2024 17:48)

    Haha, da musste ich herzlich lachen ... das mit dem "Möbelhaus" ist echt total treffend! :-)))

    Und ja: Danke an Mark! Den Parker Konverter werde ich ausprobieren!

    Gruß Uwe