Mitte letzten Jahres erfuhr man von einem Safety Pen des chinesischen Herstellers Hero. Als man erste Bilder sah, konnte man unweigerlich die Verbindung zum Montblanc Heritage 1912 herstellen, der seit 2014 für über 800 EUR angeboten wird. Der H718 sollte um $ 100 kosten, mehr oder weniger. Und er sollte eine 10K-Goldfeder haben. Hero ist uns als Hersteller billiger Füllhalter ein Begriff, gerade die den Parker "51" und 61 nachempfundenen Modelle haben eine gewisse Bekanntheit (eher in den USA) erlangt.
Was kann man nun in diesem Preissegment von einem China-Produkt anfangen, das so unverblümt ein eingeführtes Luxus-Modell zumindest nachvollzieht. Ich habe nun die Gelegenheit, einen H718 in Schwarz zu prüfen und möchte dies im Folgenden der Leserschaft mitteilen.
Fortsetzung folgt ...
29.9.18
Dreieinhalb Umdrehungen benötigt das Losschrauben der 14 g schweren Kunststoffkappe. Der lackierte Metall-Corpus hat hingegen stolze 44 g. Ganz schön schwer. Die Haptik ist aber noch recht in Ordnung und man rutscht beim Schreiben nicht ab. Richtig aufstecken läßt sich die Kappe nicht, das braucht man aber auch nicht. 13,4 cm lang ist der Halter geschlossen und 12,6 cm mit ausgefahrener Feder. Im Griffbereich ist die Stärke ca. 12,3 mm, der nahezu zylinderförmige Corpus maximal 13 mm. Der Funktionsknopf ist aus Kunststoff und steuert Federbewegung und das Füllsystem.
Der Clou ist nun das Ausfahren der Feder, die sich sonst teilverdeckt, aber nicht vollständig eingezogen im Vorderbereich des Corpus befindet. Der Funktionsknopf wird mit einer halben Drehung im Uhrzeigersinn recht geschmeidig, nur wenig ruckelig und recht weich ausgefahren.
So sieht das dann aus. 18.5 mm herausstehende Feder mäßiger (aber passender) Größe, vergleichbar mit der allerdings rhodinierten Feder im Montblanc. Dort hat man auch eine sehr gut passende Prägung. Man kann mit der Hero-Feder aber optisch sicherlich sehr gut leben.
Zieht man den Füllknopf heraus, so kann man den Halter füllen. Wie man inzwischen von zerlegten Exemplaren weiß (das Bild davon kann ich aus rechtlichen Gründen nicht einstellen, aber hier ist der Verweis: https://www.reddit.com/r/fountainpens/comments/85j2o6/disassembling_the_hero_h718_is_complicated/), ist ein einfacher Konverter verbaut. Die Füllmenge ist recht mäßig. Ein Kontrollfenster gibt es nicht.
Der Kappenkopf trägt das Hero-Logo, der schlanke Clip hat viel Vorspannung und ist mäßig funktionell. Das Clip-Band zeigt ein griechisches Muster. Wahrscheinlich ist das Metall verchromt. Das Kappenband wiederum ist mit Hero in lateinischer und chinesischer Schrift und H718 auf der Rückseite am ehesten eingelasert.
Ich finde das Design recht gelungen. Gerade auch der Funktionsknopf mit der Rändelung passt optisch sehr gut. Der Knopf ist etwas wackelig in der Querachse (also nicht arrettiert, hingeben nicht wackelig in der Längsachse, was sehr wichtig ist), was aber kaum stört.
Und wie schreibt er nun? Die Einheitsfeder wird als EF bezeichnet. Es ist eher eine moderate F mit sehr glatter Federspitzenglättung. Dadurch, weniger durch den Kunststoff-Tintenleiter, gibt es auch Baby-Bottom-Effekte. Der Tintenfluss kann dann beim Anschreiben oder auch bei bestimmten Schleifen aussetzen. Die Feder könnte durchaus etwas schärfer geschliffen sein. Der Tintenfluss ist recht saftig, die Feder zeigt eine geringe Elastizität, ist aber vom Naturell her rigide. Die Strickvariation fällt gering aus. Frühes Austrocknen zeigt der H718 aber nicht, was nach einer Woche passiert, werde ich noch sehen. Bisher ist er jeden Tag verwendet worden. Langzeiterfahrungen kann noch keiner haben. Gravierende Schwäche habe ich aber bisher in der Literatur nicht gefunden.
Zusammenfassende Beurteilung:
Der Hero H718 ist gemäß der Preisklasse gut gefertigt und derzeit in der Funktion letztlich gut. Der Mechanismus funktioniert recht geschmeidig und sicher. Die Feder wird genauso ein- und ausgefahren, der Füllmechanismus über einen fest eingebauten Konverter ist in Ordnung. Die Füllmenge ist aber recht gering, den Tintenstand kann man nicht ablesen. Gut, dass die Feder durch einen Metallstift in der Kappe vor versehentlicher Beschädigung geschützt wird. Man kann sie nicht verbiegen, wenn man vergisst, sie vor dem Aufschrauben der Kappe einzufahren. Der Federmechanismus selber ist natürlich ein Gimmick und ohne jede objektive Bedeutung. Aber warum sollte es solche Füllhalter nicht geben? Ob es richtig ist, ein solches Modell nach einem Vorbild in dieser Weise anzubieten, dürfte den chinesischen Hersteller nicht stören. Der Halter ist z. B. in England bei einem bekannten Internetanbieter problemlos oder auch über das Internet zu besorgen, in den USA ist er bereits gut zu erhalten, aufgrund der Versandkosten und Zollgebühren für uns aber nicht relevant.
Für eine endgültige Einschätzung ist es erforderlich, wie sich der Hero im Verlauf entwickelt. Bleibt die Mechanik tadellos? Läuft er irgendwann aus und wackelt die Feder? Usw. Derzeit ist der Hero H718 ein interessantes Spielzeug, das einen Montblanc Heritage 1912 nicht ersetzen kann, aber doch letztlich eine Verneigung vor der Idee des Relaunches von Montblanc ist. Es wird sicherlich kein Heritage 1912 dadurch weniger verkauft. Ganz im Gegenteil. Vielleicht kauft der eine oder andere einen solchen, wenn er sieht, wie viel Spaß der Hero H718 in Design und Mechanik bereitet.
Ich hoffe, der Beitrag hat euch gefallen.
Viele Grüße
Euer Thomas und die Pens and Freaks
Über Kommentare freuen wir uns immer.
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